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Kirchengemeinde verabschiedet Rosenliebhaber

45 Jahre hat Hans Schmidt für die Kirchengemeinde Heuchelheim gewirkt. Bis vor zehn Jahren war er im Kirchenvorstand aktiv, zwei Jahre davon als Vorsitzender und fast 13 Jahre kümmerte er sich als Küster um die Kirche, den Kirchgarten sowie den Ablauf des Gottesdienstes. Während des Himmelfahrts-Gottesdienstes auf dem Heuchelheimer Dorfplatz verabschiedete die Gemeinde den 82-jährigen. Pfarrerin Angela Schwalbe hatte mit dem Kirchenvorstand eine Überraschungskiste mit Erinnerungen für den langjährigen Küster zusammengestellt. „Sie haben immer darauf bestanden, dass das Abendmahl mit Wein gefeiert wird“, sagte sie. Deshalb gehörte Wein und Brot in die Kiste, dazu ein Schlüssel, der all die Arbeiten rund um die und in der Kirche symbolisiert. Ein Buch mit Mundartgedichten sowie ein kleines Heftchen zur lokalen Geschichte holte sie hervor. „Ich konnte sie immer fragen, wenn es um die früheren Zusammenhänge ging, sie waren schon im Kirchenvorstand, da gab es die Verbindung der Heuchelheimer Gemeinde mit Reichelsheim noch nicht.“  Außerdem zog sie drei Rosen hervor. Schmidt habe den Heuchelheimer Kirchgarten zum Rosengarten ausgebaut. Amüsant wurde es, als sie ein kleines Fotoalbum mit Bildern hervorholte. Ein Platz darin gebührte auch seiner Frau Erna, die ihm immer zur Seite stand und auch mit anpackte. Für den Rosenliebhaber gab es außerdem einen Gutschein in einem Steinfurther Rosenbetrieb. Für den Kirchenvorstand bedankte sich Ines Dauernheim bei Hans und Erna Schmidt. „Ihr habt etwas Bleibendes im Kirchgarten geschaffen, den Rosenbogen, die vielen verschiedenen Rosen, wir denken, das wird noch lange überdauern und an eueren segensreichen Einsatz für die Gemeinde erinnern.“ Den Gottesdienst gestaltete Pfarrerin Angela Schwalbe mit dem Familiengottesdienstteam (Cordula Willems und Karin Welcker). Sie ließen während des Gottesdienstes aus einer Erinnerungskiste Dinge, die an Jesu-Wirken erinnerten hervorholen. So wurde an die von ihm vollbrachten guten Tagen (Wasser zu Wein), an seine Taufe, den Einzug nach Jerusalem auf dem kleinen Esel sowie die Auferstehung erinnert. Musikalisch begleitete Jonathan Lemler die Feier auf dem Heuchelheimer Dorfplatz. Nach dem Gottesdienst ging es in den Dorftreff, wo ein Buffet aus Salaten und Kuchen aufgebaut war, und wo die Gemeinde zusammensaß, um miteinander ins Gespräch zu kommen.

Text: Dauernheim

Mit Weisheit in den Ruhestand

HEUCHELHEIM (im). Hans Schmidt ist ein Heuchelheimer Urgestein. Über seinen Heimatort weiß er fast alles. Hier lebt er seit bald 82 Jahren. Mehr als vier Jahrzehnte davon war er ehrenamtlich und nebenamtlich für »seine« Kirchengemeinde  tätig. Nun ist’s Zeit kürzer zu treten und die Arbeit anderen zu überlassen.  

Der kuschelige Lieblingsohrensessel passt nur bedingt zu Hans Schmidt. Sicher, der langjährige Kirchenvorsteher und Küster der evangelischen Kirchengemeinde Heuchelheim ist passionierter Leser, liebt gute Literatur, aber auch Sachbücher, gern aus dem theologischen Bereich. Abgesehen von diesen Mußestunden bleibt dem rüstigen und umtriebigen Mann, der am 17. Mai, fast exakt zwei Monate nach seiner Ehefrau Erna Schmidt, seinen 82. Geburtstag feiern wird, immer noch relativ wenig Zeit zum Stillsitzen und Nichtstun.

Das gastfreundliche Haus der Schmidts am Heuchelheimer Viehtrieb atmet beider Aufbau- und Handarbeit und war obendrein im Jahr 1978 schon der zweite Hausbau, den Hans Schmidt in Angriff nahm. Der erste fand 1960 auf dem unweit gelegenen Grundstück seiner Eltern Wilhelm und Karoline Schmidt statt.

»Ich bin Heuchelheimer Urgestein, einer der Aborigines hier«, sagt der Mann, der 36 Jahre seines Lebens dem Kirchenvorstand und fast zwölf Jahre dem Amt des Kirchendieners in seiner Gemeinde gewidmet hat. Neben der Familie und dem eigenen Beruf. Der gelernte Autoschlosser schulte mit 18 Jahren zum Lokführer um, befuhr 42 Jahre lang die Strecken der Region sowie auch die Frankfurter S-Bahn-Gleise, nahm als Ausbilder Kollegen mit, denen die Umstellung von Dampf auf Elektrizität oder Diesel bevorstand.

Andere mitnehmen und einbeziehen, das scheint, neben dem wichtigen Wort »aufbauen«, die Grundausrichtung von Hans Schmidts Leben zu sein. Und der Glaube. Ein wacher, lebendiger christlicher Glaube, der die Praxis, aber auch die theologische Weiterbildung sucht und sich ebenso für die Weltreligionen interessiert. Der 81-jährige Schmidt strahlt Ruhe und dankbare Zufriedenheit aus, bei aller Umtriebigkeit.

1973 wurde er in den Heuchelheimer Kirchenvorstand gewählt, dem er bis 2009 angehörte – davon etliche Jahre als Vorsitzender. Ende der 2000er Jahre übernahm er auch das Amt des Küsters. Reparaturen und Reinigungen, das Schmücken der Kirche, das Beobachten von Bauschäden innen und außen, das Läuten, oft die Begleitung der Liturgie und des Abendmahls gehörten zu seinen Aufgaben, auch das Amt des Lektors.

Das große Fotoalbum auf dem Tisch zeigt Hans Schmidt im Jahr 2005 sogar auf der Kanzel, beim Mundartvortrag unter dem Motto »Erntedank – einst und jetzt«. Seine größte Freude aber war der von ihm liebevoll gepflegte Kirchgarten: Über Jahre hin hat Schmidt das Areal in ein Rosenparadies verwandelt, an dem Ortsfremde auf der Durchreise bewundernd stehenbleiben. Dutzende heimische Rosen blühen hier im Sommer. Bank, Tisch und Gartenhäuschen laden zum Verweilen ein.

Was wird aus all dem nach der Ära Hans Schmidt? Der engagierte Kirchendiener, seit 1. Januar 2019 offiziell nicht mehr im Amt, zuckt die Achseln.

»Die Suche nach einem Nachfolger läuft. Da geht es uns wie den Reichelsheimern«, sagt Hans Schmidt. Heuchelheim und Reichelsheim wachsen zusammen, sind seit Jahresbeginn eine Kirchengemeinde.

Die große Innenrenovierung der Heuchelheimer Kirche steht ab dem Frühjahr bevor. Hans Schmidt wird sie nicht mehr so begleiten können wie gewohnt. Er schmunzelt. »An dieser Stelle halte ich es mit dem berühmten Gelassenheitsgebet: ›Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.‹“

Den Abschiedsgottesdienst hat sich der langjährige Kirchenmann Hans Schmidt für die Zeit gewünscht, wenn die ersten Rosenblüten hervorlugen. Geplant ist er für Himmelfahrt, 30. Mai, 10 Uhr, auf dem Heuchelheimer Dorfplatz gegenüber der Kirche.

WZ vom 09.01.2019

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